Geschichte des Wasserturms
Der Wasserturm von Gräfenhainichen
erbaut 1926 - 1928
Die Einweihung des Wasserwerkes mit dem 34 Meter hohen Wasserturm geschah
am 21.Februar 1928 durch Herrn Bürgermeister Meier. Im Wasserturm
befindet sich ein Schlußstein mit dem Stadtwappen, darunter eine
Kapsel mit Urkunde und altem Gelde, die bestimmungsgemäß
nach 100 Jahren zu öffnen ist. |
Das Wasserwerk der Stadt Gräfenhainichen,
dessen imponierendste Ausdrucksform, den Wasserturm, wie im Bilde wiedergeben, wurde in der Frage der derzeitigen Notwendigkeit viel umstritten. Inzwischen hat es durch seinen hygienischen Wert, die fachliche Vollwertigkeit seiner fördernden und verarbeitenden Anlage, die vortreffliche, von toten Ecken fast gänzlich freie Anlage des Rohr- und Kanalnetzes, sich auch die Sympathie vieler ehemaliger Gegner erobert.
Die verwendeten Konstruktionsformen der Pumpen und Reinigungsanlagen sind modernster
Gattung, ihre Lieferanten Firmen von Weltruf, der von Herrn Ing. Reuther / Bitterfeld
entworfene, durch die Firma Wittkop ausgeführte, im Bilde sichtbaren Wasserturm
der bei seiner Erbauung ein Todesopfer forderte ( Zimmermann Karl Wohlrath /
Jüdenberg, der bei dem Bau etwa 25m abstürzte und mit zerschmetterten
Gliedern tot liegen blieb) verbindet in äußerst glücklicher
Form die moderne Baulinie mit der unserer Stadt eigenen mittelalterlichen Burgromantik
(Altes Schloß).
Die umfangreich Verlegung des Rohrnetzes führte vorbildlich
die Fa.Mühlhaus & Schulze / Weißenfels aus.
Die Kläranlage ist das Werk der Fa. Dykerhoff und Widemann / Dresden. Sie
hat als zweckmäßige Neuerung die chemische mit der biologischen verbunden.
Zum Zweck der Durchführung der letzteren sind 1 000 Karpfen und 1 000 Schleie
in die vier geräumigen Klärteiche eingesetzt worden.
Der Ertrag der Fischzucht und der Pachtertrag der auf den Wällen angepflanzten 200 Schattenmorellen
sollen später zur Senkung der Kanalgebühr dienen.
Das Rohrnetz ist so angelegt, daß es möglich sein wird, durch Bau oder Industrialisierung
notwendige Neuanschlüsse ohne wesentliche Neukosten durchzuführen.
Die Einweihung dieses vorbildlichen Werkes fand in Anwesenheit des Herrn Landrats
Stammer / Bitterfeld am 21. Februar 1928 unter starker Anteilnahme der Bevölkerung
statt. Die Feier wurde durch ein von Herrn Prof. Dr. Thon / Bitterfeld (Fritz
Erdner) verfaßten von Fräulein Israel gesprochenen sinnreichen Festprolog
eröffnet. Bei einem Festessen im Schützenhaus seitens der Bürgerschaft
fand die Feierlichkeit ihren Abschluß.
Die Gesamtbaukosten des Werkes belaufen sich auf annähernd 1.250000 RM.
Der Wasserturm im sogenannten Hain errichtet, hat eine Höhe von 34 Meter.
Möge es unserer Stadtverwaltung vergönnt sein, durch den gewaltigen
Bau des Fortschritts uns Industrie in größerem Umfange zuzuführen
zum Wohle der Allgemeinheit.
(aus dem Heimat-Kalender 1929 der "Gräfenhainicher Zeitung")
Technische Beschreibung und Entwicklung bis zum Jahr 2000
Das Wasserwerk Gräfenhainichen wurde gemeinsam mit der
Wasserversorgungsanlage, der Kanalisation, der Abwasserbehandlungsanlage in
den 20iger Jahren errichtet. Es bestand aus einer Tiefbrunnenanlage, dem Wasserturm
einschließlich Hochbehälter und dem zugehörigen Versorgungsnetz.
Der Tiefbrunnen befand sich im sogenannten Hain, östlich des jetzigen Wasserturmes.
Von hier wurde das Wasser in den technologischen Bereich des Turmes gefördert.
Die Aufbereitung erfolgte mittels Verdüsung, Koksfilter und Absetzbecken.
Im Anschluss wurde das Wasser in den Kellerräumen gesammelt und mittels
Pumpen in das Netz oder den Hochbehälter, als Druckausgleichs- und Mengenspeicher
gefördert.
Der Hochbehälter im Turm hat ein Fassungsvermögen von ca 250.000 Litern und steht praktisch auf einem Stahlbetonskelett. Er befindet sich auf einer Höhe von 123 m über normal Null und konnte wegen der geödätischen Lage von Gräfenhainichen von ca.90 - 100m Versorgungsdruckhöhen von 20-30m erreichen. Die Ausfachungen und Anbauten wurden durch normales Ziegelmauerwerk realisiert.
In den Räumen des Wasserturmes war weiterhin eine Eisbereitung
untergebracht, welche es den gewerbetreibenden Bürgern ermöglichte,
eine Eisvorratshaltung zu betreiben. In den Turm waren alle maschinentechnischen
Ausrüstungen eines Wasserwerkes integriert.
Die 4 Filterbehälter im unteren Teil des Wasserturmes wurden zum letzten
mal am 26.Juni 1956 mit Filterkies gefüllt. In den angrenzenden Gebäuden
waren gleichzeitig Wasserwerkerwohnungen untergebracht. Aufgrund der fortschreitenden
Entwicklung der Stadt Ende der 50iger und Anfang der 60iger Jahre war es wegen
der relativ gering dimensionierten Leitungen zum und
vom Hochbehälter nicht mehr möglich den gestiegenen Wasserbedarf zu
decken.
Durch die Konstruktion des Turmes waren Druckstöße im Netz unvermeidbar,
die zu zahlreichen Rohrbrüchen führten. Aus diesem Grund wurde die
Stadt Gräfenhainichen an die Fernwasserversorgung Elbaue-Ostharz über
die Abgabestation Schköna und den Hochbehälter Buchholz angeschlossen,
so dass der Turm 1962 außer Betrieb genommen werden konnte.
Nach der Außerbetriebsetzung wurden bis zu 5 Wohnungen
innerhalb des Hauptgebäudes genutzt. Ab 1975 erfolgte die Umnutzung eines
Teils der Wohnungen in Büroräumlichkeiten. Der Sitz, auch des Abwasserbetriebes,
war ebenfalls am Stützpunkt Wasserturm, so dass insgesamt festgestellt
werden kann, dass das Zentrum der Wasserversorgung und der Abwasserbehandlung
am Wasserturm Gräfenhainichen lag.
Ab 1988 wurde aufgrund der Baufälligkeit des Wasserturmes und der davon
ausgehenden Gefahren ganz massiv am Abrisskonzept gearbeitet. Das führte
dazu, dass die Wohnungen geräumt wurden und 2 Jahre leerstanden. Ein Schreiben
vom 11.11.1988 (kein Karnevalsscherz!) belegt die vorgesehene Sprengung mit
der Ausweisung der Abbruchmassen mit 1369 m³ und Ausweisung des Schrottgewinns
in Höhe von 30,5 t.
Ab 1990 gab es Überlegungen zum Ausbau des Turmes zu einem Hotel mit hinteren
Anbauten Richtung Süden. Dieser Plan existierte nur Ansatzweise und wurde
nicht abschließend durchdacht. 1991 gab es eine weitere Projektstudie
mit Einbau eines Fahrstuhls und Errichtung einer Aussichtsplattform. 1993 ,
nachdem ein äußeres Schutzgitter gegen herabfallenden Außenputz
angebracht wurde,begannen erste Sanierungsarbeiten durch die Midewa, die jedoch
durch deren Entflechtung nicht zu Ende geführt wurden.
Da sich 1999 bei der Ausschreibung zum Verkauf der Immobilie keine Bewerber
fanden, verblieb der Wasserturm im Bestand des Trinkwasserzweckverbandes "Buchholzbehälter".
Im gleichen Jahr faßte die Verbandsversammlung den Beschluß zum
Ausbau des Gebäudes als Sitz des Geschäftsbereiches
ZWAG.
Die Vergabe der Arbeiten erfolgte vorrangig an Firmen aus Gräfenhainichen
und Umgebung. Die umfangreichen Sanierungsarbeiten begannen am 15.3.2000. Dabei
wurde das Schutzgitter entfernt und der Turm von der Außenseite grundlegend
saniert. Die Dachkonstruktion der angrenzenden Gebäude erhielt eine grundhafte
Schwammsanierung. Die Büroräume wurden entkernt, mit einer kompletten
Installation ausgestattet und neu renoviert. Im Turm erfolgte der Abbruch der
Sprühkabine, welche sich im Bereich des jetzigen Versammlungssaales befand
und die Abmaße der jetzigen Glaskuppel besitzt.
Das Ausstiegsbauwerk mußte
komplett abgerissen werden und wurde originalgetreu wieder errichtet. Die Turmbrüstung
(zum Zeitpunkt der Sanierung nicht mehr vorhanden) wurde wieder errichtet.
Der Fertigstellung am 31.08.2000 war eine feierliche Versenkung einer Patrone am
21.7.2000 vorausgegangen in der folgender Text zu lesen war: " 21.07.2000
durch den Verbandsvorsitzenden, Herrn Lothar Hensel,der zu dieser Zeit Bürgermeister
der Stadt Gräfenhainichen ist." Die Aussichtsplattform ist über
eine stabile Holztreppe mit 187 Stufen erreichbar. Von oben kann man bei sehr
guter Sicht Richtung West nicht nur den Kirchturm der Kirche St. Marien sondern
sogar den Harz mit seiner höchsten Erhebung, dem Brocken, sehen. In Richtung
Osten und Süden blickt man direkt in die Dübener Heidelandschaft .
Nicht umsonst trägt Gräfenhainichen auch den Beinamen"Tor zur
Dübener Heide". Aus Richtung Norden grüßt die Baggerstadt
FERROPOLIS im rekultivierten und gefluteten ehemaligen Tagebau. Der Turm kann
zu den normalen Büroöffnungszeiten besichtigt werden. Außerhalb
dieser Zeit ist eine Anmeldung unter der Telefonnummer 034953 22109 möglich.