DARC-OV Gräfenhainichen-W30


Geschichte des Wasserturms

Der Wasserturm von Gräfenhainichen
erbaut 1926 - 1928
Turm alt


Auszug aus der Chronik

Die Einweihung des Wasserwerkes mit dem 34 Meter hohen Wasserturm geschah am 21.Februar 1928 durch Herrn Bürgermeister Meier. Im Wasserturm befindet sich ein Schlußstein mit dem Stadtwappen, darunter eine Kapsel mit Urkunde und altem Gelde, die bestimmungsgemäß nach 100 Jahren zu öffnen ist.
(aus dem Heimatkalender 1932 der "Gräfenhainicher Zeitung")

Das Wasserwerk der Stadt Gräfenhainichen,


dessen imponierendste Ausdrucksform, den Wasserturm, wie im Bilde wiedergeben, wurde in der Frage der derzeitigen Notwendigkeit viel umstritten. Inzwischen hat es durch seinen hygienischen Wert, die fachliche Vollwertigkeit seiner fördernden und verarbeitenden Anlage, die vortreffliche, von toten Ecken fast gänzlich freie Anlage des Rohr- und Kanalnetzes, sich auch die Sympathie vieler ehemaliger Gegner erobert.

Die verwendeten Konstruktionsformen der Pumpen und Reinigungsanlagen sind modernster Gattung, ihre Lieferanten Firmen von Weltruf, der von Herrn Ing. Reuther / Bitterfeld entworfene, durch die Firma Wittkop ausgeführte, im Bilde sichtbaren Wasserturm der bei seiner Erbauung ein Todesopfer forderte ( Zimmermann Karl Wohlrath / Jüdenberg, der bei dem Bau etwa 25m abstürzte und mit zerschmetterten Gliedern tot liegen blieb) verbindet in äußerst glücklicher Form die moderne Baulinie mit der unserer Stadt eigenen mittelalterlichen Burgromantik (Altes Schloß).
Die umfangreich Verlegung des Rohrnetzes führte vorbildlich die Fa.Mühlhaus & Schulze / Weißenfels aus.
Die Kläranlage ist das Werk der Fa. Dykerhoff und Widemann / Dresden. Sie hat als zweckmäßige Neuerung die chemische mit der biologischen verbunden.

Zum Zweck der Durchführung der letzteren sind 1 000 Karpfen und 1 000 Schleie in die vier geräumigen Klärteiche eingesetzt worden.
Der Ertrag der Fischzucht und der Pachtertrag der auf den Wällen angepflanzten 200 Schattenmorellen sollen später zur Senkung der Kanalgebühr dienen.

Das Rohrnetz ist so angelegt, daß es möglich sein wird, durch Bau oder Industrialisierung notwendige Neuanschlüsse ohne wesentliche Neukosten durchzuführen.

Die Einweihung dieses vorbildlichen Werkes fand in Anwesenheit des Herrn Landrats Stammer / Bitterfeld am 21. Februar 1928 unter starker Anteilnahme der Bevölkerung statt. Die Feier wurde durch ein von Herrn Prof. Dr. Thon / Bitterfeld (Fritz Erdner) verfaßten von Fräulein Israel gesprochenen sinnreichen Festprolog eröffnet. Bei einem Festessen im Schützenhaus seitens der Bürgerschaft fand die Feierlichkeit ihren Abschluß.
Die Gesamtbaukosten des Werkes belaufen sich auf annähernd 1.250000 RM. Der Wasserturm im sogenannten Hain errichtet, hat eine Höhe von 34 Meter.
Möge es unserer Stadtverwaltung vergönnt sein, durch den gewaltigen Bau des Fortschritts uns Industrie in größerem Umfange zuzuführen zum Wohle der Allgemeinheit.

(aus dem Heimat-Kalender 1929 der "Gräfenhainicher Zeitung")


Technische Beschreibung und Entwicklung bis zum Jahr 2000

Das Wasserwerk Gräfenhainichen wurde gemeinsam mit der Wasserversorgungsanlage, der Kanalisation, der Abwasserbehandlungsanlage in den 20iger Jahren errichtet. Es bestand aus einer Tiefbrunnenanlage, dem Wasserturm einschließlich Hochbehälter und dem zugehörigen Versorgungsnetz. Der Tiefbrunnen befand sich im sogenannten Hain, östlich des jetzigen Wasserturmes. Von hier wurde das Wasser in den technologischen Bereich des Turmes gefördert.
Die Aufbereitung erfolgte mittels Verdüsung, Koksfilter und Absetzbecken. Im Anschluss wurde das Wasser in den Kellerräumen gesammelt und mittels Pumpen in das Netz oder den Hochbehälter, als Druckausgleichs- und Mengenspeicher gefördert.

Pumpe Hochbehälter

Der Hochbehälter im Turm hat ein Fassungsvermögen von ca 250.000 Litern und steht praktisch auf einem Stahlbetonskelett. Er befindet sich auf einer Höhe von 123 m über normal Null und konnte wegen der geödätischen Lage von Gräfenhainichen von ca.90 - 100m Versorgungsdruckhöhen von 20-30m erreichen. Die Ausfachungen und Anbauten wurden durch normales Ziegelmauerwerk realisiert.

Skelett Skelett Skelett

In den Räumen des Wasserturmes war weiterhin eine Eisbereitung untergebracht, welche es den gewerbetreibenden Bürgern ermöglichte, eine Eisvorratshaltung zu betreiben. In den Turm waren alle maschinentechnischen Ausrüstungen eines Wasserwerkes integriert.
Die 4 Filterbehälter im unteren Teil des Wasserturmes wurden zum letzten mal am 26.Juni 1956 mit Filterkies gefüllt. In den angrenzenden Gebäuden waren gleichzeitig Wasserwerkerwohnungen untergebracht. Aufgrund der fortschreitenden Entwicklung der Stadt Ende der 50iger und Anfang der 60iger Jahre war es wegen der relativ gering dimensionierten Leitungen zum und vom Hochbehälter nicht mehr möglich den gestiegenen Wasserbedarf zu decken.
Durch die Konstruktion des Turmes waren Druckstöße im Netz unvermeidbar, die zu zahlreichen Rohrbrüchen führten. Aus diesem Grund wurde die Stadt Gräfenhainichen an die Fernwasserversorgung Elbaue-Ostharz über die Abgabestation Schköna und den Hochbehälter Buchholz angeschlossen, so dass der Turm 1962 außer Betrieb genommen werden konnte.
Nach der Außerbetriebsetzung wurden bis zu 5 Wohnungen innerhalb des Hauptgebäudes genutzt. Ab 1975 erfolgte die Umnutzung eines Teils der Wohnungen in Büroräumlichkeiten. Der Sitz, auch des Abwasserbetriebes, war ebenfalls am Stützpunkt Wasserturm, so dass insgesamt festgestellt werden kann, dass das Zentrum der Wasserversorgung und der Abwasserbehandlung am Wasserturm Gräfenhainichen lag.
Ab 1988 wurde aufgrund der Baufälligkeit des Wasserturmes und der davon ausgehenden Gefahren ganz massiv am Abrisskonzept gearbeitet. Das führte dazu, dass die Wohnungen geräumt wurden und 2 Jahre leerstanden. Ein Schreiben vom 11.11.1988 (kein Karnevalsscherz!) belegt die vorgesehene Sprengung mit der Ausweisung der Abbruchmassen mit 1369 m³ und Ausweisung des Schrottgewinns in Höhe von 30,5 t.
Ab 1990 gab es Überlegungen zum Ausbau des Turmes zu einem Hotel mit hinteren Anbauten Richtung Süden. Dieser Plan existierte nur Ansatzweise und wurde nicht abschließend durchdacht. 1991 gab es eine weitere Projektstudie mit Einbau eines Fahrstuhls und Errichtung einer Aussichtsplattform. 1993 , nachdem ein äußeres Schutzgitter gegen herabfallenden Außenputz angebracht wurde,begannen erste Sanierungsarbeiten durch die Midewa, die jedoch durch deren Entflechtung nicht zu Ende geführt wurden.
Da sich 1999 bei der Ausschreibung zum Verkauf der Immobilie keine Bewerber fanden, verblieb der Wasserturm im Bestand des Trinkwasserzweckverbandes "Buchholzbehälter". Im gleichen Jahr faßte die Verbandsversammlung den Beschluß zum Ausbau des Gebäudes als Sitz des Geschäftsbereiches ZWAG.
Die Vergabe der Arbeiten erfolgte vorrangig an Firmen aus Gräfenhainichen und Umgebung. Die umfangreichen Sanierungsarbeiten begannen am 15.3.2000. Dabei wurde das Schutzgitter entfernt und der Turm von der Außenseite grundlegend saniert. Die Dachkonstruktion der angrenzenden Gebäude erhielt eine grundhafte Schwammsanierung. Die Büroräume wurden entkernt, mit einer kompletten Installation ausgestattet und neu renoviert. Im Turm erfolgte der Abbruch der Sprühkabine, welche sich im Bereich des jetzigen Versammlungssaales befand und die Abmaße der jetzigen Glaskuppel besitzt.

Büro Versammlungssaal

Das Ausstiegsbauwerk mußte komplett abgerissen werden und wurde originalgetreu wieder errichtet. Die Turmbrüstung (zum Zeitpunkt der Sanierung nicht mehr vorhanden) wurde wieder errichtet.
Der Fertigstellung am 31.08.2000 war eine feierliche Versenkung einer Patrone am 21.7.2000 vorausgegangen in der folgender Text zu lesen war: " 21.07.2000 durch den Verbandsvorsitzenden, Herrn Lothar Hensel,der zu dieser Zeit Bürgermeister der Stadt Gräfenhainichen ist." Die Aussichtsplattform ist über eine stabile Holztreppe mit 187 Stufen erreichbar. Von oben kann man bei sehr guter Sicht Richtung West nicht nur den Kirchturm der Kirche St. Marien sondern sogar den Harz mit seiner höchsten Erhebung, dem Brocken, sehen. In Richtung Osten und Süden blickt man direkt in die Dübener Heidelandschaft . Nicht umsonst trägt Gräfenhainichen auch den Beinamen"Tor zur Dübener Heide". Aus Richtung Norden grüßt die Baggerstadt FERROPOLIS im rekultivierten und gefluteten ehemaligen Tagebau. Der Turm kann zu den normalen Büroöffnungszeiten besichtigt werden. Außerhalb dieser Zeit ist eine Anmeldung unter der Telefonnummer 034953 22109 möglich.



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